Stuttgarter Mobilitätsräume
Idee
Welche Arten von Mobilitätsräumen gibt es in der Region Stuttgart? Wie bewegen sich die Menschen in diesen Räumen und welche Rolle spielt dabei die gebaute Umwelt? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, wurden ausgewählte Mobilitätsräume wie Straßen, Plätze, Haltestellen oder Fahrradwege untersucht. Die gewonnenen Erfahrungen flossen anschließend als Grundlage in die späteren Realexperimente ein.
Umsetzung
Mit Studierenden der Architektur und Stadtplanung, sowie der Geographie wurde ein Seminar durchgeführt, das sich aus mehreren methodischen Bausteinen zusammensetzte. In Mobilitätstagebüchern beobachteten die Studierenden ihr eigenes Mobilitätsverhalten, um dieses zu reflektieren und die bewusste Wahrnehmung zu trainieren. Parallel dazu wurden mittels Beobachtungen, Zählungen und Fotografien zehn zuvor identifizierte Mobilitätsräume untersucht und die Ergebnisse grafisch aufgearbeitet. Ergänzt wurde dies durch einen Stadtspaziergang mit Vertretern des Seniorenbeirates durch den Stuttgarter Süden. Die Senioren konnten sich dabei anhand der realen Gegebenheiten mit den Studierenden über ihre Anforderungen an eine fußgängerfreundliche Stadtgestaltung austauschen. In einer Fahrradtour über die Hauptradroute 1 mit Aktiven der Stuttgarter Fahrradszene wurde zudem die Perspektive von Fahrradfahrenden eingenommen und auf Video festgehalten. Die gesammelten Informationen wurden anschließend ausgewertet und inspirierten die Studierenden zu ihren Interventions- und Umgestaltungsideen, die zum Abschluss des Seminars präsentiert wurden.
Ergebnisse
Die methodische Beobachtung des öffentlichen Raums ist ein wirkungsvolles Werkzeug. Mit technisch geringem Aufwand können wertvolle Erkenntnisse über Bewegungsmuster und die Nutzung von öffentlichen Räumen gewonnen werden. Die Erkenntnisse können die Grundlage für menschengerechte Umgestaltungsmaßnahmen bilden und somit Fehlplanungen reduzieren. Diese Methode sollte daher fester Bestandteil von Sanierungs- und Umgestaltungsmaßnahmen werden. Es hat sich zudem gezeigt, dass viele Mobilitätsräume in Stadt und Region von baulichen und verkehrstechnischen Kompromissen geprägt sind, die auf engem Raum zwischen allen Verkehrsteilnehmenden vermitteln wollen. Das ist zwar ein demokratisch gerechter Ansatz, hat jedoch leider oft zur Folge, dass sich Fußgänger*innen, Autofahrer*innen und Fahrradfahrer*innen gleichermaßen benachteiligt und somit unzufrieden fühlen. Besonders ausgeprägt ist diese Benachteiligung für die Stuttgarter Radfahrer*innen. Das Rad ist in Stuttgart flächen- und budgetmäßig noch deutlich unterrepräsentiert. Fahrradfahrer*innen werden im Verkehr oft rücksichtslos behandelt und müssen selbst auf der kaum sichtbaren Hauptradroute 1 mit zahlreichen Provisorien und Situationswechseln zurechtkommen. Zudem werden sie immer wieder zu unbewusstem Fehlverhalten angeleitet. Neben diesen negativen Punkten konnten aber auch zahlreiche positive Lösungen beobachtet werden; in den letzten Jahren gab es einige bauliche Verbesserungen.
Fortsetzung
Eine detaillierte Beobachtung der alltäglichen Nutzungsmuster im öffentlichen Raum sollte in Zukunft fester Bestandteil bei der Planung von Maßnahmen zur Umgestaltung von Straßen- und Stadträumen in Stuttgart sein. Basierend auf den Beobachtungen können experimentelle Interventionen entwickelt werden, die zu einem gegenseitigen Verständnis und einer stärkeren Anerkennung anderer Verkehrsteilnehmenden im Mobilitätsraum beitragen.
Verantwortlich
SI – Städtebau Institut, Lehrstuhl Internationaler Städtebau
Prof. Dr. Astrid Ley, Prof. Dr.-Ing. Helmut Bott, Wei Jiang, Raphael Dietz, Jana Melber
Weitere Beteiligte
Stadtseniorenrat, Fahrradaktive, Studierende
Bearbeitungszeitraum
April – August 2015
www.si.uni-stuttgart.de
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