Zukunftslabor Wirkungsermittlung
Idee
Nachdem im ersten Teil des Zukunftslabors von den Bürger*innen Visionen entwickelt wurden, drehte sich der der zweiten Teil um die Wirkungsermittlung. Diese wurde durch die Bereitstellung wichtiger Kenngrößen unterstützt um die Stäken und Schwächen einer Vision aufzuzeigen. Wichtige Kenngrößen sind die Gesamtzahl von zugelassenen Fahrzeugen bzw. Pkws, Personen- und Fahrzeugkilometer und Modal Split, also die prozentuale Verteilung des gesamten Verkehrs einer bestimmten Region auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi). So wie Verkehrsplaner und Verkehrspolitiker das Verkehrsmodell der Region Stuttgart für die Untersuchung von Maßnahmen einsetzen, sollen es auch Bürger*innen zur Überprüfung ihrer Mobilitätsvisionen nutzen können.
Umsetzung
Aus den Visionen, die Bürger*innen im ersten Teil des Zukunftslabors entwickelt hatten, wurden vier Szenarien abgeleitet. Verkehrswissenschaftler schätzten für jedes Szenario die verkehrlichen Wirkungen mit dem Verkehrsnachfragemodell der Region
Stuttgart ab: Szenario 1 Weniger ist mehr: Eine entschleunigte Welt mit weniger Arbeitszeit und mehr Homeoffice und Zeit in Wohnortnähe. Szenario 2 Vernetzt und vielfältig: Anreize im Umweltverbund werden mit Preissteigerungen im Pkw-Verkehr kombiniert, Möglichkeiten der Digitalisierung werden eingesetzt. Szenario 3 Individuell und autonom: Im Vordergrund steht der geteilte, individuelle Verkehr. Fahrzeuge werden geteilt, aber individuell genutzt. Szenario 4 Kollektiv und autonom: Eine Welt ohne private Fahrzeuge. Mobilität wird öffentlich organisiert, der Straßenraum gehört allen.
Ergebnisse
Diese vier Szenarien wurden den Teilnehmenden vorgestellt. Nach jeder Vorstellung konnten sie das Szenario mit Hilfe von Abstimmungsgeräten bewerten. Zusammengefasst ergaben sich folgende Ergebnisse: Szenario 2 Vernetzt und vielfältig hat mit fast 50% die höchste Zustimmung und gleichzeitig die geringste Ablehnung. Ihm wird von allen Szenarien auch die höchste Zustimmung in der Stuttgarter Bevölkerung zugesprochen. Die Teilnehmer*innen vermuten, dass sich das Szenario bis 2030 oder 2040 umsetzen lässt. Szenario 1 Weniger ist mehr hat eine geringere Zustimmung als Szenario 2. Trotzdem finden 75% der Teilnehmenden das Szenario gut oder können damit leben. Allerdings wird die Zustimmung der Stuttgarter Bevölkerung als gering eingeschätzt. Es lässt sich nach der Einschätzung der Teilnehmer*innen ebenfalls in den kommenden zwei Jahrzehnten umsetzen. Die Szenarien 3 und 4 mit autonomen Fahrzeugen finden weniger Zustimmung, wobei das Szenario 3 Individuell und autonom die höchste Ablehnung aufweist. Eine Umsetzung erscheint erst nach 2030 oder 2040 als realisierbar.
Fortsetzung
Das in den Zukunftslabors angewandte schrittweise Vorgehen (1. Ideen und Visionen, 2. Szenarienentwicklung, 3. Bewertung der Wirkungen durch Verkehrswissenschaftler, 4. Städtebauliche Visualisierungen) ist zwar aufwändig, hilft aber, die Diskussion um Ziele und Maßnahmen zu versachlichen. Verkehrsmodelle können die komplexen Wirkungszusammenhänge zwischen Siedlungsstruktur, Verkehrsangebot und Verkehrsnachfrage abbilden und so belastbare Aussagen zur Wirkung von Maßnahmen machen. Die Beteiligten und Entscheidungsträger müssten mit dieser Vorgehensweise nicht mehr über Wirkungen, sondern nur mehr über die Bewertung der Wirkungen streiten.
Verantwortlich
ISV – Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik
Prof. Dr.-Ing. Markus Friedrich, Charlotte Ritz
Weitere Beteiligte
ZIRIUS – Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung
Sophia Alcántara, Dr. Annika Arnold, Doris Lindner, Dr. Marco Sonnberger
SI – Städtebau Institut, Lehrstuhl Internationaler Städtebau
Raphael Dietz, Dr.-Ing. Arch. Sigrid Busch
Volkshochschule Stuttgart
Bearbeitungszeitraum
Mai 2016 – Januar 2017
www.isv.uni-stuttgart.de
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